Corona Börse – Thomas Vittner‘s Krisensplitter (Teil 1)

Börse und Corona

11 Jahre sind eine lange Zeit. Genau genommen ist es sogar schon länger her. Die Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 war eine prima Gelegenheit, Aktien billig einzusammeln. Und obwohl ich damals schon einige Jahre Erfahrung gesammelt hatte, konnte ich – im Nachhinein betrachtet – die Situation nicht zur Gänze zufriedenstellend ausnutzen. Sicher machte ich da und dort Gewinne. Aber es hätte mehr sein können.

Doch es hilft nichts, vergebenen Chancen nachzuweinen. Weder an der Börse noch sonst. Und so musste ich mehr als eine Dekade lang warten, bis sich eine neue Chance auftat. Corona! Wie meist kommt so ein Ungemach aus heiterem Himmel. Niemand klingelt, bevor die Börsen einknicken. Niemand schreit: Vorsicht – jetzt gehts abwärts!

Sicher – vor der Finanzkrise hatten einige gewarnt. Aber sie hatten zu wenig mediale Präsenz. Oder sie wollten gar nicht, dass ihr Wissen verlautbart wurde, um es selbst zu nutzen. Corona hingegen hatte niemand auf der Rechnung. 

Auch Bill Gates nicht, was manche Verschwörungs-Artisten ja gerne behaupten. Und so kam es, dass die Börsengemeinde (ich weiß, blödes Wort..) vollkommen am falschen Fuß erwischt wurde, als es Ende Januar mit ersten Kursverlusten losging.

Bevor wir nun weitermachen – ich schreibe diesen Beitrag, weil ich in den letzten Wochen und Monaten dutzende Zuschriften von Anlegern und Trader bekam, die mich um Rat fragten. Und für all die soll dieser Beitrag sein. 

Er soll euch Mut machen. Er soll aber auch Risiken beleuchten. Er soll einfach dabei unterstützen, das auf und ab in der Krise gelassener zu betrachten. Und vielleicht wird ja mehr als ein Beitrag draus. Mal sehen. Also machen wir im Text weiter.

Hallo Thomas,

 Alles klar in diesen unruhigen Zeiten?
Wen frage ich auch.
 
Wäre es möglich dass du mal einen Block oder Beitrag was die Börsenpsychologie betrifft schreibst?

Nicht jeder dürfte in solchen Zeiten so ruhig wie du bleiben.

Wenn man die letzten 3 Tage betrachtet und man gesehen hat wie schnell alles wieder “eingebrochen”

werden sehr viele, so wie ich,sehr unruhig und alle Aktien wieder glatt ziehen.
 
Ich denke eine Betreuung in Form eines Blockes könnte sehr hilfreich sein.
 
Bei mir läuft es noch nnicht richtig rund, falsche Entscheidungen, nicht sauber an das Regelwerk gehalten und schon werden die Verluste wieder größer.
 
Im Moment ist es wirklich schwierig zu sagen was ist richtig was ist falsch.
 
Wünsche euch ein schönes WE
 
VG
Markus
 

Eine von vielen Zuschriften. Einfach copy/paste. Ohne weitere Korrekturen…

Wenn man versucht, die Märkte rational zu betrachten, liegt man meist falsch. Zumindest kurz- und mittelfristig. Als ich bereits 2018 dachte, dass die Party an den Börsen langsam zu Ende sein müsste, war das so ein Irrtum. Es stimmte zwar, dass die Bewertungen damals schon hoch waren. Aber sie waren nicht lächerlich hoch, so wie 2000. Und das war der Fehler in der Gleichung.

Denn die Börse neigt zu Übertreibungen. Nach oben wie nach unten. Von wegen effiziente Märkte und immer logisch agierende Marktteilnehmer. Und so ging es noch fast 2 Jahre lang wie auf der Schnur gezogen weiter rauf. Geld war billig. Aktien stiegen. Firmen investierten ohne Ende und expandierten. Alles war gut. Wie meist vor jeder neuen Krise.

Mir persönlich war die Party an der Börse egal. Ich hatte in den Jahren davor viel Geld in unseren Trading Modellen stecken – und echten Tradern sind die Tendenzen an den Märkten egal, weil sie in jedem Umfeld Geld verdienen können. Investments hingegen hatte ich so gut wie keine am laufen, sah man von einigen Dividenden Papieren ab. Aber natürlich musste ich öfters den Kopf schütteln, wenn die Nasdaq oder der Dow wieder neue Höchststände erreichten. Das mulmige Gefühl blieb also, dass da was kommen könnte (oder sogar müsste).

Um Weihnachten 2018 tat sich dann erstmals seit Jahren eine gute Gelegenheit für Investoren auf. Die Märkte tauchten im Spät-Herbst 2018 ab. Ich weiß heute nicht mehr, warum (und bin auch zu faul um es jetzt nochmals zu recherchieren). Doch ich nutze die Gelegenheit – und wie. Ich erinnere mich noch gut, als ich am Weihnachtsabend 2018 die private Feier zur Verwunderung aller kurz verließ, weil ich vor dem Close in den USA noch einige Aktien (die üblichen Verdächtigen „Blue Chips“…) kaufen wollte. Das Timing war damals perfekt. Ab dann stiegen die Börsen wieder. Und nach einigen Monaten verkaufte ich, weil ich die Bewertungen (erneut) einfach viel zu hoch fand. Beim Verkauf war das Timing jedoch nicht optimal, denn die Kurse stiegen weiter. Aber egal. Es hatte sich trotzdem gelohnt. Weiter ging es bei mir mit Trading only.

Dann war es Herbst 2019. Unsere Vermögensberatung wurde verkauft. Geld wurde frei und ich überlegte, was ich damit tun sollte. Buy and Hold? Noch mehr Trading? Ich entschied mich für eine komplett andere Lösung. Keine Börse – derzeit. Ich brauchte einfach eine Auszeit. (Zu) viele Jahre war sehr viel Geld von mir im Markt. Zu viele Jahre lang trug ich als Geschäftsführer die Verantwortung für Gelder von Anderen.

Und das war nicht immer einfach. Beispielsweise als unsere Trading Modelle 2015 in einen heftigen Drawdown gerieten. Es ist schon schwierig, das eigenen Geld mit Erfolg zu verwalten. Wenn dann fremdes Geld dazukommt, wird es nicht einfacher. Es mag Typen geben, denen das egal ist. Frei nach dem Motto: ist ja nicht mein Geld, was hier verloren wird. Aber so war es bei mir nie.

Aber weiter zu 2019. Ende des Jahres war ich mit wenigen Ausnahmen flat (hatte also keine Trades und keine Investments). Es war eine herrliche Zeit. Ohne Druck. Ohne ständiges „am Ticker hängen“. Das tat einfach nur gut. Parallel hatte ich ohnehin genug mit meinem wieder auflebenden Education Business zu tun. Ich hatte mir 2019, als die Vermögensberatung verkauft wurde, nämlich vorgenommen, meine gut 20 Jahre Erfahrung (und davon mehrere Jahre im institutionellen Bereich) nun an private Trader und Anleger weiterzugeben.

Ende Januar 2020 hörte ich dann erstes Mal etwas von Corona. OK – dachte ich. Wieder mal ein Virus aus Asien. Wie SARS, wie die Schweinegrippe. Wie die Hühnergrippe. Nur diesmal ohne Tiere. Ich war noch – wie wohl alle – ziemlich entspannt. Mitte/Ende Januar fuhr ich dann ein paar Tage nach London. Auch hier keine Spur von Krise, obwohl die Märkte einige Tage lang wegen Corona gefallen waren. Aber sofort erholten sich die Kurse wieder. Noch immer sah ich keinen Grund, mir Sorgen zu machen. Obwohl das Unheil bereits seinen Lauf nahm.

Denn plötzlich häuften sich die Meldungen über das Virus. Und es kam immer näher. Erste Fälle in der EU. In Deutschland und dann auch in Österreich. Naja – eine Grippe eben. Kein Grund mir Sorgen zu machen. Vielleicht waren meine Sinne auch deswegen nicht geschärft, weil ich keine Aktien im Depot hatte. Stutzig hätte ich werden können (oder müssen?) als ich (zum damaligen Zeitpunkt noch kleine) Zeitungsberichte in Österreich las, dass es bei der Polizei Urlaubs-Sperren geben würde. Aus heutiger Sicht war das ein deutliches Warnsignal. Ich meine – warum macht man das wenn es nicht ernst werden könnte? Zum Spaß? Wohl kaum. Vermutlich eher, weil da etwas kommen würde (oder könnte). Doch die Scheuklappen saßen fest.

Kurzer Exkurs bevor es weiter geht. Ich schreibe diesen Bericht hier im wunderschönen Kärnten am Faaker See. Den Laptop auf dem Schoß. Vor mir der See – hinter mir ein Pool. 28 Grad. Mir ist einfach nach scheiben. Und ich wurde außerdem ja gebeten, meine Gedanken niederzuschreiben. Schon vor 14 Tagen. Aber meine Auszeit dauert eben etwas länger. Ich erwähne das mit der Auszeit deshalb, weil ich keine Lust habe, alle Ereignisse nun exakt chronologisch aufzuarbeiten. Ich habe Urlaub und ich bin faul. Ich schreibe alles was nun kommt aus meiner Erinnerung nieder, und falls ich Dinge um einige Tage oder eine Woche „verdrehe“ möge man es mir bitte nachsehen.

Also gut – Urlaubssperre bei der Polizei. Und dann ging es an der Börse auch schon los. Ab Mitte Februar krachte der Markt nach unten. Zuerst zaghaft, dann zügellos. Mehr als 10% war der Verlust im Markt nach wenigen. Ich war damals schon wieder in London. Weil ich öfters dort bin.

Und ich bekam zunächst gar nicht mit, dass wir Crash – Teil 1 – hatten. Bis zu einer eigenartigen Begebenheit. Und das kam so: ich bin auch öfters in den USA. Von dort hatte ich mir angewöhnt, ständig – vor allem wenn ich im Ausland bin – einen kleine Flasche Hand-Desinfektionsmittel dabei zu haben. Das haben in den Staaten nämlich viele und ich fand es sinnvoll. Und wer schon öfters in Pubs in UK war (ich liebe englisches Ale), der weiß um die gefürchteten Toiletten auf der Insel… wie auch immer. Fakt war, dass mein Desinfektionsmittel fast leer war und ich mir ein paar neue Fläschchen in London kaufen wollte. Aber die waren überall aus…

Ich war in einige WH Smith Läden, ich war bei Tesco. Bei Waitrose. Im Poundland. Überall das gleiche. Gähnende Leere – alles leergekauft. Schließlich fand ich einen Laden, wo es noch diese Desinfektions-Fläschchen gab. Aber mit der Einschränkung, dass man nur zwei Stück pro Person kaufen durfte. Übrigens war ich mit Marianne in London. So bekamen wir 4 Fläschchen Hand-Desinfektion. Und ich war zufrieden.

Doch die Verkäufern meinte, es ist wie im Krieg. Die Leute hamstern. Und da dämmerte es mir: da könnte eine große Sache auf uns zukommen, auch wenn man in London selbst überhaupt noch nichts mitbekam. Sicher war Corona medial schon ein Thema, aber ich hatte die Börse einige Tage nicht am Radar. Vorerst.

Mein Interesse steigerte sich, als ich im Anschluss erstmals wieder nach ein paar Tagen Pause die Börsenkurse prüfte. Na bumm. 12% waren weg vom S&P 500. In wenigen Tagen. Ich nahm mir vor, Aktien zu kaufen, wenn ich wieder daheim war. Und das war Anfang März – und die Kurse schienen sich dann auch zu stabilisieren. Ich kam also heim, warf mein Trading Frontend an und kaufte. Pepsi, Microsoft, Visa. Die anderen habe ich vergessen (wie oben gesagt – und ich will nicht nachsehen).

Ich kaufte damit Aktien, die ungefähr 10% bis 15% gefallen waren. Und die Aktien stiegen nach meinem Kauf. Timing war also gut. Es war – das sollte ich dazu sagen – kein Trading. Der Kauf wurde ohne Algorithmus ermittelt. Aus dem Bauch heraus, weil ich dachte, den Dip muss man kaufen. Stimmt auch. Aus statistischer Sicht ist das korrekt. Aber nicht zwingend im Einzelfall. Doch dann kam die Erholung ins Stocken. Und auch meine Aktien fielen wieder. Und da erkannte ich auch, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Denn die Horrormeldungen in den Medien wurden häufiger und beunruhigender.

Tote ohne Ende in Italien. In Frankreich. Und dann auch in Spanien. Was mir in dieser Zeit am wichtigsten war, war jedoch ganz etwas anderes. Nämlich unser geplanter USA Urlaub. Ende März sollte es – wieder mal – 3 Wochen nach Florida gehen. Irgendwie beschlich mich so eine Ahnung, dass der Urlaub heuer ausfallen könnte. Obwohl in den USA damals noch keine oder kaum Corona Fälle verzeichnet wurden. Aber weiter im Kontext. Fehler! Wo war der Fehler? Timing? Ja und nein. Es waren zunächst die Aktien selbst, die ich auswählte. Und es war zu früh.

So verkaufte ich Pepsi & co mit +/- Null. Und wieder war ich flat. Und es ging weiter abwärts. Es war nicht einfach, sich zurückzuhalten. Denn ich liebe es, in das fallende Messer zu greifen. Aber ich hatte mich im Griff. Und das war gut so.

Zweite März Woche. Mein Basis Trading Seminar in München (14.3.) stand vor der Tür. Konnte es überhaupt stattfinden? Na sicher – warum denn nicht. Noch vier Tage bis zum Seminar. Erste Diskussionen über Grenz-Schließungen. Ein ICE in Deutschland, der wegen eines Corona Falls angehalten wurde. Noch mehr Tote in Italien. Und mein Seminar in München. Zwei Tage davor ein Vortrag für den VTAD in München. Würde das alles stattfinden können? Sicher war ich mir nicht mehr. Aber ich hoffte. Doch die Hoffnung schwand von Minute zu Minute.

Eigentlich wollte ich mit dem Zug nach München reisen. Die Verbindung von Wien nach München ist ja prima. 4 Stunden Zug. Seminar-Vorbereitung im 1. Klasse Abteil. Gemütlich. Und dann kam eine Email eines Seminarteilnehmers, der meinte, er könne sich verspäten, weil er statt mit dem Zug mit dem eigenen PKW anreist. Sicher sei sicher. Denn er wollte das Seminar nicht versäumen, falls wieder mal ein ICE angehalten würde. Da hatte er recht. Das könnte passieren. So verfiel das Zugticket und ich setzte mich ins Auto. Und die Börse krachte immer mehr nach unten. Aber ich hatte so viel um die Ohren, dass ich das nur am Rande mitbekam.

Beim VTAD Vortrag waren dann statt 70 nur 30 Leute. Weil die Angst schon herumging. Nach dem Termin am Donnerstag lief ich zu Fuß in die Münchner Innenstadt. Nichts los! Ausgestorben! Hofbräuhaus? Ein paar Leute. Visavis im Ayinger? Nix los. Ich bestellte ein Helles, wollte eigentlich essen. Bis der Kellner nieste. Auf mein Essbesteck. Mir war der Appetit vergangen…so blieb es bei flüssigem Brot (…) und der Vorfreude auf das Frühstück am Tag darauf.

Am nächsten Tag in der Früh dann die traurige Gewissheit. Die USA schlossen Ihre Grenzen für EU Bürger. Aus – vorbei. Florida ade. Ein paar Minuten später der Anruf von Marianne „hast du schon gehört…?“. Ja hatte ich. Die gute Laune war weg. Mist! Natürlich bin ich heute froh darüber, dass es so gekommen war. Denn von der Regierung heimgeholt zu werden ist alles andere als lustig. Und in den USA bleiben klingt auf den ersten Blick cool, ist aber unpraktisch, wenn Hotels und Restaurants schließen. Zum Glück buchte ich unseren Herzt Mietwagen übrigens nicht direkt sondern über das Reisebüro. Das Geld bekamen wir zurück – und wenige Wochen später war Hertz pleite. Auch krass…

Zwei Seminarteilnehmer sagten übrigens kurzfristig ab. Wer sollte es ihnen verübeln. Am Tag vor dem Seminar übrigens Pressekonferenz der österreichischen Bundesregierung. Drastische Maßnahmen wurden geplant. Geschäfte schließen. Restaurants auch. De facto Ausgangssperren. Die Börse kracht noch mehr runter. Nicht wegen den Maßnahmen in Österreich sondern weil es halt so war, wie es noch immer ist. Und alle Österreicher, die im Ausland sind, sollten bald und dringend heimkommen, hieß es im TV. Aber ich konnte nicht heimkommen. Ich hatte ein Seminar. Glücklicherweise hatte man bis Sonntag Zeit, um nach Österreich zu kommen. Dann würden die Grenzen zugehen. Seminar war Samstag. Eigentlich wollte ich noch die Nacht nach dem Seminar in München bleiben. Herzhaft frühstücken. Und dann ausgeruht heimfahren. Nichts da – nichts wie heim. Das würde mir zu eng werden…

Am Tag vor dem Seminar – es war am Vormittag – fuhr ich von Andechs zurück nach München. Ich saß im Auto und Marianne rief an. Sie war ziemlich verzweifelt. Sie war beim Hofer (Aldi) – und der war leer. Hamsterkäufe ohne Ende. OK, beruhige dich. Ich kaufe ein. Ich blieb stehen. Suchte den nächsten Aldi auf Goolge Maps und fuhr hin. Freitag Mittag. Etwas mehr Betrieb. Aber keine Hamsterkäufe. Die Panik war in Bayern also noch nicht angekommen. In Wien schon. Und ich war nicht daheim.

Bis zum Anruf von Marianne war ich zwar besorgt aber trotzdem entspannt. Doch dann stieg auch meine Spannung. Ich kaufte bei Aldi also Lebensmittel – kein Problem. Alles da. Und dann noch ein Anruf von Marianne. Wir hatten keine Kartoffel mehr. Also wieder rechts ran. Nächster Supermarkt. Ein sehr kleiner Edeka. Mit (nachträgliche Bewertung) super Erdäpfel. Auch dort Normalbetrieb. Als ich an der Kasse zahlte, kam gerade jemand aus dem Büro des Ladens zum Kassier und sagte: „pass auf, dass die Leute nicht hamstern. Nur haushaltsübliche Mengen…“ Aha – also war das die Ruhe vor dem Sturm. Die zwei Säcke Kartoffel hatte ich jedoch sprichwörtlich schon eingetütet.

So – jetzt bin ich etwas abgeschweift. Aber das war sicher nötig, um die Stimmungslage zu erklären. Denn als ich Freitag Abend (13.3.) vor dem Seminar im Hotelzimmer war, prüfte ich auf Google Maps schon, welche Nebenstraßen von DE nach AT führten. Falls sie die Grenzen bereits vorher dicht machen würden, wollte ich sicher sein, noch irgendwie „rüberzukommen“. Brauchte ich zum Glück nicht, denn nach dem Seminar ging es direkt ohne Probleme nach Wien. Kaum Verkehr. Das Essen am Beifahrersitz. Wie mit 20. Als ich öfters im Auto als sonst wo aß. Und dann war ich kurz vor Mitternacht zu Hause. Selten so glücklich darüber.

Und nach einer herzhaften Begrüßung mit Marianne sagte ich: „ich muss auf die Bank zu unserem Safe, Geld holen“. Ich muss es in den elektronischen Kreislauf bringen und Aktien kaufen. Wir hatten nun Mitte März. Es war der 17. März (Dienstag), als ich zur Bank kam. Am 16. (Montag) fuhren wir zur Schwiegermutter aufs Land, um ihr einzukaufen. Wer weiß, ob sie uns morgen noch aus Wien rauslassen, war die Devise. Daher war die Bank erst am Tag danach möglich. Ich fuhr also mit dem Auto in die leere Wiener Innenstadt zur Bank wo der Safe war. Wie in einem Endzeit Hollywood Film. Keine Autos am Ring. Keine Menschen bei der Staatsoper. Die Bank hatte auf. Aber niemand außer zwei gelangweilten Angestellten war drinnen. Ich überwies also einige Reserven auf mein Konto um es von dort auf mein Depot umzuschichten.

Einen Tag später war das Geld dann auf meinem Handels-Konto. Also am 18. März. Es begann die Zeit, auf die ich 11 Jahre lang gewartet habe. Aktien im Sonderangebot. Und damit konnte ich auch meinen Fehler korrigieren, der mir mit dem Kauf von Pepsi & co vor einigen Tagen passierte. Ja auch die Blue Chips waren Mitte März gefallen. Um 15 oder 20%. Oder etwas mehr. Aber letztlich viel zu wenig. Es ging billiger. Ich warte doch nicht 11 Jahre auf einen Börsencrash, um dann solche langweiligen Aktien zu kaufen? Aktien, die bloß das Potential haben, nach den Krise 20 oder 30 Prozent zu steigen? Dazu brauche ich keine Krise. Da genügt schon das übliche Auf und Ab der Sektoren.

Wenn schon Börsencrash dann richtig davon profitieren. Aktien kaufen, die niemand haben will. Kreuzfahrt Schiffe, Energie, Kinos, Öl, Hotels, Gambling, Einzelhandel, Industriewerte. Alles aus der zweiten und dritten Reihe was so richtig unter die Räder kam. Nicht Microsoft, Visa, Mastercard, Apple oder Facebook. Viel mehr Alcoa, Alaskan Air Group, MGM, Carnival, Daimler, Thyssen, Aegon und dutzenden andere. Und diesmal wollte ich es richtig machen. Obwohl ich wusste, „richtig“ war dehnbar. Denn was ist richtig?

Man kann immer noch billiger oder mehr kaufen. Oder man kann früher verkaufen. Oder zu früh oder zu spät nachkaufen. Börse heißt Fehler machen. Täglich. Damit muss man sich abfinden. Aber man muss strategisch rangehen. Vor einiger Zeit hatte ich schon meine 5 Säulen Methode entwickelt. Damit konnte ich Aktien in Sekunden bewerten. Und ich hatte Aktien Screener zur Hand, mit denen ich Aktien nach bestimmten Kriterien filtern konnte. Vor allem waren das die Faktoren „Stabilität“ und „Bewertung“. Mir war klar, dass die Krise noch länger dauern würde. Daher suchte ich Firmen mit wenig Schulden, die niemand haben wollte. Ich ich fand Dutzende. Soviel Geld hatte ich gar nicht als damals Möglichkeiten existierten.

Aber ich erinnere an den Anfang dieses Beitrags. An der Börse gibt es billig und teuer. Und vieles dazwischen. Jenseits von billig und teuer gibt es dann aber noch lächerlich billig und lächerlich teuer. Lächerlich billig waren dann Unternehmen mit KGV 2, mit mehr Cash je Aktie als die Aktie gehandelt wurde. Und es gab Pespi, Visa und Co. Die von KGV 35 auf KGV 28 gefallen waren.

Warum diese teuren „Marken-Aktien“ kaufen, wenn es auch günstige „No Name Aktien“ gab? Wo wir bei lächerlich billig wären. Ende März hatten wir also paradiesische Zustände an der Börse. Ich hatte somit die Qual der Wahl. So machte ich ein Ranking mit „must have stocks“. Mit den Kriterien 1) Stabilität (in der Krise besonders wichtig) 2) Profitabilität 3) Bewertung 4) Insider (das „Sahnehäubchen“ und 5) Stress Test (kurzfristige Verbindlichkeiten) = die 5 Säulen Methode.

Und mir war beim Aktien – Kaufen klar (aber ich irrte mich überraschender Weise) dass ich nicht das Tief erwischen konnte. Und so begann ich am 18 März mit dem Kauf erster Tranchen in den Top Aktien meiner Liste. Ich irrte mich deshalb, weil das Timing perfekt war. Das war tatsächlich – mehr oder weniger – das Tief bei den meisten Titeln. Aber weil ich es richtig machte und nicht alles auf einmal kaufte, machte ich es (in diesem Fall) falsch. Denn hätte ich alles was ich habe zwischen dem 18 und 25 März investiert, wäre mein Vermögen (noch) deutlicher angewachsen. So und jetzt kommt es – war es überhaupt ein Fehler? Was ist ein Fehler? Wie definiert man richtig und falsch an der Börse?

Natürlich kann man an den Märkten genug Dummheiten begehen. Planloses hin und her (das im Gegensatz zu vernünftigen Trading die Taschen dann tatsächlich leer macht). Das Zocken mit Pennystocks und vieles mehr. All das sind Fehler. Aber der Einzelfall? Ein solides Investment, bei dem ich recherchiere und dann zu früh, zu spät, zu wenig, zu viel kaufe? Solide zum Zeitpunkt, an dem ich die Fakten beurteile?

War es dumm, Wirecard zu kaufen? Ehrlich gesagt bin ich mir nicht ganz sicher. Denn die Finanzkennzahlen waren immer sehr gut. Die Aktien war eben hoch bewertet. Natürlich gab es schon vorher Berichte über Manipulationen. Aber man konnte nie etwas nachweisen. Und als Außenstehender weiß man es eben nicht.

Betrug gab es immer. Enron, Luckin Coffee, Wirecard. Heute weiß man mit hoher Sicherheit, das bei Wirecard betrogen wurde. Von wem und in welchem Ausmaß bleibt abzuwarten. Aber als Investor kann ich mich nur auf die Fundamentaldaten verlassen. Wenn diese Daten unrichtig sind (warum auch immer) bin ich chancenlos. Das gilt für Wirecard genauso wie für Apple. Und noch was: es darf keine Rolle spielen, wenn man mit Wirecard Schiffbruch erleidet. Man muss eben breit streuen und in Tranchen kaufen. So wie ich es seit Mitte März 2020 mache. Aber dazu braucht es auch einen Broker, bei dem ich billig kaufen und verkaufen kann.

Denn seit Mitte März kaufe ich nun immer in fallende Kurse hinein. Bei neuen Investments genauso wie wenn ich ein Investment aufstocke. Je mehr eine Aktie korrigiert, desto mehr kaufe ich. Natürlich nur dann, wenn ich die Aktie gut finde (die 5 Säulen Methode). In steigende Notierungen kaufe ich in diesen Wochen selten hinein. Ich warte, bis mir der Kurs entgegekommt. Eilig habe ich es nicht, denn die Krise ist noch lang nicht ausgestanden.

Ich habe – schon mehrfach erwähnt – mehr als 10 Jahre auf so eine Gelegenheit gewartet. Auf einen Börsencrash. Durch einige glückliche Umstände (London, Seminar, nicht zu Hause, Börse nicht beobachtet, erste Fehler – Pepsi & co – früh erkannt, das große Geld erst am 18. März am Konto) habe ich die Krise perfekt erwischt und zum richtigen Zeitpunkt gekauft. Und ich habe mir geschworen, trotz aller Fehler, die ich gemacht habe (und noch machen werde), keine Fehler zu begehen (kein Widerspruch). Denn das große ganze Bild muss stimmen bei meinem Plan, die Krise optimal zu nutzen. Im Einzelfall kann man da und dort Fehler machen. Falsche Aktien kaufen, oder bei manchen Sektoren zu früh oder zu spät dran sein. Man kann auch Wirecard gekauft haben. Egal. Solange man unter dem Strich Geld macht, passt das schon.

Schließen möchte ich diesen Beitrag mit folgenden Gedanken: ich weiß nicht, ob die Krise zuende ist. Manches deutet darauf hin, manches bereitet Sorge. Ist die Börse derzeit verrückt? Übertreibt man (wieder mal)? Keine Ahnung. Ich habe in den letzten Wochen einen Großteil meiner Investments wieder abgestoßen. Mit satten Gewinnen. Und ich habe einiges davon um 50% günstiger erneut eingekauft, wie beispielsweise die Kreuzfahrt Firmen. Ich habe mir auch einige neue Branchen/Sektoren gesucht, die sich noch nicht so erholt haben. Und ich setzte auf einige besondere Situationen (wie Argentinien). Und ich habe immer noch genug Pulver, um nachzulegen.

Womit ich rechne? Mit allem. Mit dem Testen der März Tiefs wie mit neuen Alltime Highs. Diese Märkte sind nicht zu prognostizieren. Sind sie niemals – aber diesmal schon gar nicht. Weil wir es nicht in der Hand haben. Weil wir nicht wissen, wie lange es dauert, bis wir ein Medikament gegen das Virus haben. Weil wir daher nicht wissen, ob aus der Gesundheitskrise eine massive Finanzkrise wird. Ich rechne mit allem. Ich bin kein Wahrsager. Börse ist Statistik. Keine Hellseherei. Und die Zahlen sagen mir, dass man das fallende Messer kauft. Und das tue ich. Denn was wäre die Alternative?

Ich kann nicht versprechen, ob dieser Beitrag fortgesetzt wird. Und wenn weiß ich schon gar nicht, wann. Das kommt drauf an, wie viel Zeit ich habe. Wie viel Urlaub ich in diesem Sommer noch genieße. Wer weiß, was im Herbst auf uns zukommt. Eine zweite Welle? Ein zweiter Crash? Eine Weltwirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes? Oder ein Wirtschaftsboom mit neuen Technologien, Verschiebungen im Verhalten der Menschen durch Corona mit neuen Chancen (aber auch Risiken) und vieles mehr.

Persönlich versuche ich so gut es geht im hier und jetzt zu leben. Träumen darf ich auch an der Börse nicht. Nur hoffen, dass ich die Krise als Investor weiter so perfekt meistere wie bis jetzt. 20 Jahre Erfahrung sind halt doch nicht umsonst. Sicher werde ich auch weiterhin falsche Entscheidungen treffen. Falsche Aktien kaufen. Vieles mehr. Macht nichts. Nur Angst darf man niemals haben. Weder beim Traden noch beim Investieren. Abstand ist gut – nicht nur in Corona Zeiten. Ist diesmal alles anders? Nein – sicher nicht. Auch in der Finanzkrise dachte man so. Geld würde nichts mehr wert sein. Wir brauchen Alkohol oder Zigaretten als neues Zahlungsmittel (habe ich 2008 alles gehört). Auch diesmal werden wir aus dem Schlamassel rauskommen. Irgendwie. Irgendwann.

Ich lebe immer nach folgendem Motto: ein Börsencrash kann heftig sein. Heftiger als 9/11, stärkter als in der Finanzkrise, noch tiefer als mit Corona. Daher im hier und jetzt. Und wenn der Dax auf 100 Punkte fällt kann es uns allen egal sein, ob wir Geld verloren haben. Dann geht es um ganz andere Dinge. Somit schreckt es mich nie, wenn die Börsen Crashen. Auch, weil ich es schon 4 mal erlebt hatte. Und so werden wir nach meiner Meinung auch gestärkt aus Corona kommen. Ich weiß nur nicht, wie lange es dauern wird.

Herzlichst, Thomas

PS: Und nicht vergessen darf man, dass in der Krise kaum jemand zum Kauf von Aktien rät. Und das viele Meinungen von „Profis“ die man in den Medien liest zum Selbstzweck dienen. Diejenigen, die den Anstieg verpasst haben, warnen, um selber billiger einsteigen zu können. Diejenigen, die gekauft haben, reden von einer raschen Erholung. Selber eine Meinung bilden – das ist in diesen Zeiten noch wichtiger als sonst.

Und – vor der Krise warten alle auf die Krise, um billig zu kaufen. Und wenn sie dann da ist, rufen alle „Finger weg von Aktien“. Wenn man das durchschaut, braucht man nur noch gute Nerven, um sein Vermögen in der Krise zu vermehren. Das das nicht einfach ist, leuchtet ein. Aber wenn Börse einfach wäre, würde sie nicht mehr funktionieren.

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